Neues aus der Dramaturgie - Nachklang zur Podiumsdiskussion

12.Dezember 2023

Nachklang zur Podiumsdiskussion
 
Kennen wir uns? – so lautet das Spielzeitmotto, und unter dieser Überschrift fand am Freitag, den 24. November 2023 eine Podiumsdiskussion auf der Kleinen Bühne in Plauen statt.

Moderatorin Anne Zeuner begrüßte zwei Gäste: Ines Geipel, die es sich nach ihrer Karriere als erfolgreiche Athletin zur Aufgabe gemacht hat, für Opfer einzutreten – seien es Opfer von Zwangsdoping im DDR-Leistungssport, seien es Opfer politischer Unterdrückung; Ines Geipel geht es darum, diese Menschen kennenzulernen, ihre jeweilige Geschichte zu erfahren und für sie einzutreten. André Kleber war der zweite Gesprächspartner – ihm geht es vor allem um die Begegnung mit Flüchtlingen; ihn interessieren Hintergründe, Perspektiven und Ideen gleichermaßen, die praktische Umsetzung von Integration liegt ihm am Herzen.

Dem kleinen, aber sehr interessierten Zuhörerkreis wurde rasch wurde deutlich, dass es vor allem darum geht, den einzelnen Menschen mit seiner Meinung, seiner Geschichte und seinen Problemen ernst zu nehmen, ihm vorurteilsfrei zuzuhören, aber auch eigene Ängste und Bedenken zuzulassen. Überhaupt war der Mangel an Informationen ein zentrales Thema des Gesprächs – wie kommt man an Fakten, an Hintergründe? Ist es möglich, die Plausibilität von Informationen zu überprüfen? Ist es schlechthin möglich, eine gewisse Objektivität zu erlangen? Wo liegt die Verantwortung von Reportern und Redakteuren, aber auch von Politikern? Ist eine Ursache für die zunehmende Politikverdrossenheit, aber auch für das Erstarken extremer politischer Auffassungen darin zu suchen, dass Politik nicht mehr verstanden wird? Dass keiner sich darum bemüht, Menschen das politische Handeln, das ja im Interesse aller sein sollte, zu erklären? Eine weitere bedenkenswerte Frage ist, ob wir als Gesellschaft überhaupt wissen, wer wir sind? Woher wir kommen? Was wir wollen? Und wie weit muss die Offenheit für alle politischen Positionen gehen – ist (frei nach Rosa Luxemburg) die Freiheit der Andersdenkenden die Freiheit aller? Was muss eine Demokratie aushalten – und was hält sie in Wirklichkeit aus?

Die souveräne und sachliche Gesprächsleitung durch Moderatorin Anne Zeuner ließ eine Vielzahl an Denkansätzen und Meinungen zu und machte es so möglich, dass viele unterschiedliche Fragen entstehen konnten, die nicht zwingend beantwortet werden mussten - und sie ermöglichte auch, den Vorsatz zu fassen, dass man sich gegenseitig vorurteilsfrei und offen begegnen muss, um nicht unsinnige Feindbilder zu befördern, um als Gesellschaft gemeinsam die Probleme der Zeit zu lösen. Viele der Anwesenden hatten auch nach dem offiziellen Ende der Veranstaltung noch in lebhafte Gespräche und lernten sich so ein wenig kennen.

Ein Fazit war: Vorgefertigte Meinungen, Verachtung und Unterdrückung haben in einer Demokratie nichts zu suchen – man muss genau hinsehen, fragen und zuhören, damit man sich kennenlernen kann.
Heike Angermann