Abschied aus dem Ensemble - "Friedrichs letzte Worte"

13.Mai 2024

„Friedrichs letzte Worte“ – Interview der Dramaturgie mit unserem Schauspieler Friedrich Steinlein zu seinem Abschied vom Haus
 

  • Friedrich, du wirst unser Haus zum Ende der Spielzeit leider verlassen. In der Spielzeit 2021 / 22 bist du ans Theater Plauen-Zwickau gekommen. Was war denn deine erste Produktion am Haus?
 
Das war „Maß für Maß“ von Shakespeare, eine Produktion, in der ich den „Angelo“ gespielt habe, eine der drei Hauptrollen. Das war ein ziemlich guter Start, weil mir die Rolle sehr gut gefallen hat. Ich hatte großartige Szenen mit Julia als „Isabella“. Das war wirklich ein idealer Start für mich. Davor hatte ich nämlich ein Jahr im freischaffenden Künstlerdasein im Corona-Lockdown zugebracht, das war direkt nach meinem Abschluss in der Schauspielschule, und im Kontrast dazu konnte ich mich dann hier in meiner ersten Festanstellung so richtig austoben.
 
  • Gibt es einen schönsten oder schlimmsten Moment aus deiner Zeit hier im Haus, den du uns schildern möchtest? Hat dich eine Rolle besonders gereizt?
 
Auf jeden Fall. Mein Lieblingsstück war „Wer hat Angst vor Virginia Woolf“ von Edward Albee in meiner ersten Spielzeit und meine Lieblingsrolle war der Nick darin. Da hat einfach alles gepasst. Super geiles Stück, mega tolle Spielpartner:innen, sehr tolle Inszenierung von Jan Jochymski….
 
  • Der ja auch gerade bei uns „Über Menschen“ inszeniert hat…
 
Genau, und es gab noch einige tolle Stücke, z.B. auch „Auf Eis“, das Jugendstück um Crystal Meth, war sehr, sehr toll und die „Monodramen“ waren natürlich der absolute Knaller. In „Monodramen 2“ habe ich zunächst selbst Süskinds „Kontrabass“ inszeniert, da hat Philipp Andriotis gespielt und im zweiten Teil des Formats hat Philipp dann mich inszeniert, in „Event“ von John Clancy. Das war auch ein Knüller. Und jetzt vor kurzem, auch wenn wir es dann nicht spielen konnten, wegen Erkrankung, war „Jelisaweta Bam“ von Daniil Charms. Das wird zwar nächste Spielzeit wiederaufgenommen, aber da werde ich dann nicht mehr dabei sein können, weil das bei mir terminlich nicht funktioniert. Das wird dann umbesetzt.
 
  • Ich habe dich ja auch gut als Lionel und La Hire in der „Jungfrau von Orléans“ in Erinnerung in der letzten Spielzeit und dann hast du ja auch noch „Das Ende von Eddy“ vom jungen französischen Autor Édouard Louis im Rahmen von „Monodramen 4“ gespielt. Wie bist du auf diese Romanadaption gekommen?
 
Es ist ähnlich wie „Event“ aus „Monodramen 2“ ein Stück, das mir in der Coronazeit in den Browserverlauf gekommen ist. Das hatte ein Kollege von mir aus Aachen bereits als Monolog aufgeführt und ich war komplett begeistert. Ich habe mir gedacht, dass ich das unbedingt auch mal machen müsste, wenn die Coronazeit vorbei wäre. Ich fand den Stoff einfach unglaublich berührend und ich hatte auch das Gefühl, dass die Thematisierung von Homophobie in dieser Region auch durchaus wichtig wäre.
 
  • Du hast die Bühnenfassung auch selbst geschrieben oder?
 
Ja, mit meiner Regisseurin Annika Schäfer zusammen.
 
  • Gab es auch mal einen Moment in der Arbeit, der sehr anstrengend bzw. körperlich herausfordernd war?
 
Also die „Jungfrau von Orléans“ war sehr anstrengend, weil es sehr intensiv inszeniert wurde, dadurch ist es schauspielerisch allerdings auch echt gut geworden. Der Regisseur hat schon viel aus uns rausgeholt. Aber es war schon körperlich durch das Bühnenbild mit dieser steilen Schräge und diesem historisch und sprachlich anspruchsvollen Stoff, mit dieser Fülle an Material und dem, was das thematisch drunterliegt, eine sehr anstrengende Probenphase.
Auch „Blues Brothers“ war körperlich herausfordernd und auch musikalisch, weil ich überhaupt nicht aus der Musicalrichtung komme. War aber eine schöne Herausforderung für mich, sich da so komplett reinzuschmeißen. Es war auch so dankbar, nach „Monodramen 2“ wieder eng mit Philipp zusammenzuarbeiten, der ja meinen Bruder Elwood spielt. Uns reizen und interessieren künstlerisch ganz ähnliche Dinge. Wir sind einfach genau auf dergleichen Welle, was Humor betrifft. Einmal hat Philipp in den Proben gesagt: Ist doch toll, zu 30 Prozent der Zeit sitzen wir beide nur in der Ecke und denken uns Quatsch aus. Und das war wirklich so (lacht), weil wir unseren Humor intensiv in die Produktion einfließen lassen konnten und das haben wir auch sehr geschätzt. Dadurch konnten wir das ganze Ding zu unserem machen, das war sehr hilfreich für den Abend.
 
  • Du hast ja auch schon Regie geführt, bei „Monodramen 2“ bei Philipp und jetzt bei Sophie in „Der aller aller einsamste George aller aller Zeiten“ im Rahmen von „Monodramen 5“. Ist das ein besonderes Anliegen von dir, was du auch in Zukunft weiterverfolgen möchtest?
 
Gute Frage! Per se sehe ich mich jetzt zunächst einmal als Schauspieler, auch die nächsten Jahre. Das ist das, was ich gelernt habe und halbwegs gut kann. Aber es ist schon unglaublich reizvoll gewesen und deshalb hab ich die Chance genutzt, da mal reinzuschnuppern in das Regiehandwerk. Die Arbeit mit den Gewerken fand ich sehr interessant. Regisseur:innen, die den Beruf schon jahrelang machen, haben diesbezüglich ja schon eine gewisse Routine, aber ich habe eine regelrecht kindliche Freude dabei empfunden, zu erleben, eine Idee reinzugeben und zu sehen, wie Licht, Ton, Bühnentechnik, Maske und Kostümabteilung das nicht nur sofort umsetzen, sondern auch noch viel toller realisieren, als ich mir das je hätte vorstellen können. Das gleiche gilt auch für die Arbeit mit dem Ensemble. Ich hatte jeweils Kolleg:innen, die sich wirklich auf alle verrückte Ideen von mir eingelassen haben und mit viel Engagement in die Stücke reingegangen sind. Das war unglaublich bereichernd, hat mir mega viel Spaß gemacht. Ich habe jetzt nicht direkt noch ein Regiekonzept parat, aber vielleicht noch ein paar gute Ideen übrig…
 
  • Für zukünftige Inszenierungen?
 
Ja, mich würde z.B. „Trust“ von Falk Richter interessieren, runtergebrochen auf ein Monologformat und aktualisiert auf den heutigen gesellschaftlichen Weltzustand. Ich hätte auch Lust auf eine Bearbeitung von Alfred Jarrys „König Ubu“ als „Königin Ubu“ in der Art einer Horror-Groteske. Und ich hätte eine Idee für eine sehr düstere Version von Frau Holle mit viel Musik und Tanz, in der sowohl die Goldmarie als auch die Pechmarie die Heldinnen wären.
 
  • Darf man dann noch erfahren, wohin es dich nach dieser Spielzeit verschlägt? Als letzte Produktion an diesem Haus probst du gerade Goldonis „Diener zweier Herren“. Welche Rolle verkörperst du darin?
 
Da spiele ich Silvio, den „ganz leicht“ eifersüchtigen Verlobten der Clarice. Dann wird es mich an die Landesbühne Nord in Wilhelmshaven verschlagen, für mein zweites Festengagement. Ich freue mich sehr darauf.
 
  • Danke dir Friedrich für dieses nette Gespräch!