Drei Fragen an Sebastian Wirnitzer

16.Mai 2024

Isabel Stahl: Sebastian, du arbeitest das erste Mal am Theater Plauen-Zwickau, du inszenierst den „Diener zweier Herren“. Kannst du dich dem Publikum kurz vorstellen und wie bist du zum Beruf des Regisseurs gekommen?
Sebastian Wirnitzer: Ich bin in Thüringen geboren, da aufgewachsen und habe die Schule besucht. Danach habe ich Schauspiel in Bochum studiert und das fand ich toll, das hat mir Freude bereitet und ich wollte das Ganze zum Beruf machen. Nach der Schauspielschule, auch schon davor und während hat mich schon immer interessiert, wie entwickele ich eine Figur, wie spiele ich eine Figur, aber dann auch der größere Zusammenhang, wie entsteht so ein ganzer Theaterabend, was ist die Idee dahinter. Und dann hat sich das irgendwie in meinem ersten Engagement so nebenbei ergeben, dass ich so kleinere Sachen mit Kollegen nebenher erarbeitet habe, die dann in so Extra-Abenden stattgefunden haben. Und daraus erwuchs die Möglichkeit, für mich mal ordentlich zu inszenieren, so mit einer normalen Produktion im Spielplan. Da war ich dann in Potsdam am Theater, vor 20 Jahren oder wann das war. Und seitdem hat sich das entwickelt und ich inszeniere landauf und landab. Und ich freue mich sehr jetzt, zum ersten Mal hier in Plauen zu sein. Ich kenne Plauen noch aus dunkler Erinnerung als junger Mann. Da war ich mal ein paar Wochen hier und habe einen guten Freund besucht. Und das ist jetzt auch so, wenn ich durch die Stadt laufe und mir die schicken Häuser angucke, dann geschieht es ab und zu, dass ich um eine Ecke biege und denke, das kennst du doch und dann ploppt irgendeine schöne Erinnerung auf. Das war ganz schön in Plauen.
Isabel Stahl: Im „Diener zweier Herren“, worum geht's?
Sebastian Wirnitzer: Also, erstmal, ist das eine ganz verworrene Verwechslungskomödie. Florindo hat aus irgendeinem Grunde den Bruder seiner geliebten Beatrice erschlagen und muss deswegen seine Heimatstadt Turin verlassen, damit er nicht festgenommen wird. Die Beatrice, die als Frau nicht an das Erbe ihres Bruders kommen kann, verkleidet sich als ihr Bruder und begibt sich auf die Suche nach ihrem geliebten Florindo. So verschlägt es beide nach Venedig, wo unser Stück spielt. In Venedig will gerade der reiche Kaufmann seine Tochter Clarice verheiraten, die war eigentlich dem Bruder von Beatrice, Federigo, versprochen, der ja nun tot ist. Deshalb soll Clarice Silvio heiraten. Dem gegenüber zieht Pantalone sein Versprechen wieder zurück, als er durch Truffaldino erfährt, der in die Dienste von Federigo/Beatrice gegangen ist, dass Federigo noch leben soll. Der ist aber nur die verkleidete Beatrice. Der Florindo, der seine Beatrice sucht, braucht auch einen Diener, er trifft auch auf diesen Truffaldino, der so arm und hungrig ist, dass er bei zwei Herren anheuert. Jetzt hat er das Problem, dass er zwei Menschen dienen muss. Und davon ist Truffaldino vollkommen überfordert, er bekommt immer neue Aufträge von jeweils beiden Herren.  Er vertauscht die privaten Sachen seiner Herren, was zu groben Verwicklungen führt. Und ob am Ende die Liebe siegt, und wer mit wem, das wollen wir noch nicht verraten. Eine beschwingliche Verwechslungskomödie, die mit ernsten Themen unserer Zeit, wie z. B. Multijobbing, zu tun hat.
Isabel Stahl: Wie kann man deinen Inszenierungsansatz beschreiben, welche Themen sind im Stück? 
Sebastian Wirnitzer: Also wir wollen das Stück nicht im Jahre 1746, da wurde es uraufgeführt, belassen. Wir haben uns auch für eine Neubearbeitung von Martin Heckmanns entschieden, die sprachlich sehr klar und heutig klingt. Multijobbing als Thema klingt an, wir kommen nicht mehr bis zum Ende des Monats, um über die Runden zu kommen, wenn man nur mit einem Job unterwegs ist. Wir müssen uns verdingen, es gibt seltsame Ausbeutungsverhältnisse. Wir reden über verschiedene antiquierte Frauenbilder, die wir versuchen, anders zu greifen. Und wir sind in Venedig. Es ist ja ein Stück der Commedia dell´arte mit diesen stereotypen Figuren, die es da gibt. Im Grunde spielt alles in der Trattoria von Signora Brighella. Wir verlegen unser Stück in die 50er Jahre Italiens. Da kam ich darauf, weil ich glaube, dass das in unserem kollektiven deutschen Bewusstsein verankert ist. Das ist so eine assoziative Überlegung. Das sind wir zum ersten Mal über die Alpen gefahren und haben zum ersten Mal die Fremde und die Freiheit und das südliche Flair gerochen. Und das möchte ich gerne auf den Theaterhof nach Plauen und dann auf die Burg Schönfels holen, dieses Gefühl, das erste Mal mit dem Käfer über den Berg gefahren zu sein.
Isabel Stahl: Ja, vielen Dank für das Gespräch. Ich freue mich schon darauf, am 7. Juni ist die Premiere im Theaterhof in Plauen und am 23. August auf der Burg Schönfels.